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Titandioxid in Masterbatches –
was gilt es jetzt zu beachten?

Erst kürzlich machte das Weißpigment Titandioxid (TiO₂) erneut Schlagzeilen: Die EU-Kommission erließ im Januar 2022 ein Verbot für den Zusatzstoff in Lebensmitteln wegen möglicher Krebsrisiken. Für Titandioxid in Masterbatches, Lacken und Flüssigfarben gilt bereits seit 2020 eine neue Regelung.

Neueste Entwicklungen Titandioxid

Erst kürzlich machte das Weißpigment Titandioxid (TiO₂) erneut Schlagzeilen: Die EU-Kommission erließ im Januar 2022 ein Verbot für den Zusatzstoff in Lebensmitteln wegen möglicher Krebsrisiken. Für Titandioxid in Masterbatches, Lacken und Flüssigfarben gilt bereits seit 2020 eine neue Regelung. TiO₂-Pulver und -Pulvergemische mit mindestens 1 % TiO₂-Gehalt werden gemäß der Classification, Labelling and Packaging-(CLP)-Verordnung von der EU eingestuft. Seit Oktober 2021 ist die neue Einstufung in allen europäischen Mitgliedsstaaten verbindlich anzuwenden. Wir haben uns mit Dr. Bettina Hoffmann, Leiterin des Bereichs Qualitätsmanagement & Produktsicherheit bei der Lifocolor Farben GmbH & Co.KG, zu den letzten Entwicklungen und die Auswirkungen auf die Masterbatch-Herstellung unterhalten.

Frau Dr. Hoffmann, können Sie uns noch einmal kurz zusammenfassen, was die CLP-Einstufung genau bedeutet?

Bei Stoffen, die nach CLP-Verordnung als besonders kritisch eingestuft werden, findet eine EU-weite harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung statt. Hersteller sind verpflichtet diese amtliche Einstufung bei ihren Stoffen und Gemischen anzuwenden. Diese Gefahreneinstufung wird in Sicherheitsdatenblättern in der Lieferkette kommuniziert. Entscheidend für eine Einstufung von TiOist der aerodynamische Radius der Partikel. Die CLP-Verordnung sieht außerdem vor, dass für Titandioxid-haltige Gemische ab einer Konzentration von mehr als einem Prozent TiOzusätzliche Warnhinweise angegeben werden müssen, wobei hier nicht mehr entscheidend ist, ob das eingesetzte TiOdiesen Kriterien überhaupt entspricht.

Sollten unsere Geschäftspartner aktuell Bedenken haben, ihre Produkte mit TiO₂ -haltigen Formulierungen einzufärben?

Nein, TiOist ein gängiges Pigment, das in vielen Anwendungen schon sehr lange zum Einsatz kommt. Alle von uns eingesetzten TiO-Typen fallen nicht unter die CLP-Einstufung karzinogen 2. Darüber hinaus liegt bei dem Einsatz unserer Produkte TiOimmer eingebettet in der Kunststoffmatrix vor. Es ist also fest gebunden und kann nicht eingeatmet werden. Das ist ein wichtiger Punkt, denn die Einstufung nach CLP-Verordnung basiert nicht auf einer stoffspezifischen Eigenschaft. Entscheidend ist die Staubigkeit bzw. die Partikeleigenschaft von TiO. Da im Arbeitsschutz die Einhaltung des Staubgrenzwertes schon umgesetzt ist, stellt die Verarbeitung unserer Masterbatches bei Einhaltung der existierenden Grenzwerte kein Problem dar.

Die Debatte um kanzerogene Stoffe ist natürlich ein sehr emotional diskutiertes Thema, das hat man in der ganzen Zeit des Einstufungsverfahrens erlebt. Daher ist es verständlich, dass manche unserer Kunden Alternativen angefragt oder den maximalen Gehalt an Titandioxid in ihren Produkten reduziert haben, um auf Nummer sicher zu gehen.

Müssen Kunden künftig ihr Endprodukt kennzeichnen oder gilt die Kennzeichnungspflicht nur für Zwischenprodukte wie unsere Masterbatches?

Die CLP-Verordnung sieht die Kennzeichnung für Stoffe und Gemische vor. Das heißt unsere Masterbatches sind davon betroffen. Für Endartikel brauchen nach CLP-Verordnung keine Sicherheitsdatenblätter erstellt werden. Hersteller sind aber aufgrund anderer gesetzlicher Vorgaben natürlich dazu aufgefordert, Warnhinweise anzubringen, wenn entsprechende Gefahren für Verbraucher vorliegen.

Welche Auswirkungen hat die CLP-Verordnung auf unsere Masterbatch-Herstellung?

Was die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft, so haben wir bereits vor der Einstufung durch die EU ein hohes Maß an Arbeitsschutzmaßnahmen wie etwa hochfunktionale Lüftungsanlagen oder geeignete Schutzkleidung in unserem Betrieb etabliert. Mit den existierenden Staubgrenzwerten ist die Produktion unserer Masterbatches ohne Sicherheitsrisiken möglich.  Die größte Umstellung war für uns die Anpassung der Sicherheitsdatenblätter und der Etikettierung. Da in unserem Portfolio der überwiegende Teil unserer Produkte davon betroffen ist, war diese Aktualisierung der Sicherheitsdatenblätter sehr aufwendig. Darüber hinaus war unser Verkaufsteam vermehrt gefordert mit unseren Kunden über deren Bedenken und Anforderungen zu sprechen.

Gibt es aus Ihrer Sicht Alternativen zu TiO₂, sollten Kunden dennoch Formulierungen ohne dieses Pigment wünschen?

Die Lichtbeständigkeit und Deckvermögen des Pigmentes sind für den Coloristen sehr wichtige Eigenschaften. Eine wirkliche Alternative zu Titandioxid wird es daher beim Einfärben von Kunststoffen nicht geben, dafür sind die Eigenschaften des Pigmentes zu einzigartig. Es gibt zwar alternative Lösungen, allerdings sind alle mit entsprechenden Nachteilen verbunden.

Können Sie uns abschließend noch einen kurzen Abriss zu den aktuellsten Entwicklungen in der TiO₂-Diskussion geben?

Da am 14. Januar 2022 die Europäische Kommission TiOals Lebensmittelzusatzstoff E171 verboten hat, ist dieses Thema nochmals in den Blickwinkel der Medien gerückt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte zu Titandioxid eine Re-Evaluierung durchgeführt. Da eine genotoxische Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann, wurde nun der Einsatz von Titandioxid als sog. Dual-Use-Additive zurückgezogen. Hierbei handelt es sich um Stoffe, die sowohl als Lebensmittelzusatzstoff als auch als Additiv in der Kunststoffverpackung zugelassen sind. Zwar ist das Verbot in Lebensmitteln unabhängig von der Einstufung von Titandioxid unter der CLP-Verordnung, dennoch könnte man dies als Hinweis interpretieren, dass die Diskussion um TiO₂ noch nicht beendet ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Gesetzgebungen in anderen Bereichen wie z. B. beim Einsatz in Arzneimitteln oder in Kosmetika entwickeln werden.

Herzlichen Dank für das Gespräch!
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Hintergrund Titandioxid:

Titandioxid ist das am häufigsten hergestellte und verwendete Weiß-Pigment weltweit. Es ist ein anorganischer, kristalliner, weißer Feststoff, der chemisch sehr stabil ist. Titandioxid zersetzt sich nicht beim Erhitzen, ist nicht brennbar und nahezu unlöslich in Wasser, Säuren und organischen Lösungsmitteln. Diese Eigenschaften sorgen dafür, dass in Produkten eingesetztes Titandioxid sich nicht aus dem Produkt löst oder sich in irgendeiner Form abbaut.

Die Diskussion um das Pigment Titandioxid begann 2016 mit einem Vorschlag der französischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES), Titandioxid als Karzinogen (Kategorie 1) beim Einatmen einzustufen. Am 18. Februar 2020 veröffentlichte die Europäische Union die Einstufung von Titandioxid-Pulver als „möglicherweise krebserregend beim Einatmen“ (Karzinogen, Kategorie 2) in der CLP-Verordnung. Nach einer 18-Monatigen Übergangsfrist, müssen die daraus resultierenden Anforderungen an Unternehmen seit dem 1. Oktober 2021 umgesetzt werden.